Mond oder Mars?
Kennen Sie das Gefühl? Die Arbeitswoche scheint sich endlos hinzuziehen, bis Sie irgendwann entscheiden: Genug ist genug. Sie packen Ihre Sachen, kündigen Ihren Job und bauen unter Zuhilfenahme von YouTube-Tutorials ein interplanetares Raumschiff.
Doch während Sie selbstzufrieden zurück zum immer kleiner werdenden Startplatz herabschauen, wo Ihr ehemaliger Vorgesetzter Ihnen verwirrt (doch auch bisschen beeindruckt) hinterherschaut, reißt der Bordcomputer Sie aus Ihrer Idylle: Sie müssen noch einen Zielort angeben. Mond oder Mars?
Da sind Sie der Erde entflohen, um keine Verantwortung mehr zu haben, und jetzt müssen Sie direkt wieder etwas entscheiden. Doch keine Sorge: Sie sind in bester Gesellschaft. Und in diesem Artikel finden Sie alles, was Sie wissen müssen.
Mond vs. Mars: Die Achterbahn für Astronauten
Das erste Mal, dass Menschen auf einen anderen Himmelskörper als die Erde traten, war 1969. Doch was viele nicht wissen: Ursprünglich wollte US-Präsident John F. Kennedy eine Mission zum Mars, nicht zum Mond starten. Seine Berater bei der NASA arbeiteten “drei Tage und drei Nächte”, um den Präsidenten vom Mond zu überzeugen - denn selbst der Erdtrabant war mit der damaligen Technologie herausfordernd genug, der Mars quasi unerreichbar.
Unter dem übernächsten Präsidenten Richard Nixon wurde der Mond dann endlich erreicht - und die amerikanische Weltraumbehörde NASA wollte danach den Mars in Angriff nehmen. Der Präsident war nicht interessiert und lehnte ab. So ging das unter Ford, Carter und Reagan weiter: Alle drei beließen es bei Missionen in den Erdorbit, wobei sie zumindest mehr Interesse an der Raumfahrt bekundeten.
Seitdem hat die NASA eine ordentliche Achterbahnfahrt erlebt: Bush Senior wollte sowohl Mond als auch Mars, Clinton nichts von beidem wissen; Bush Junior brachte eine bemannte Mondmission auf den Weg, die von Obama für eine Marsmission bis 2030 fallen gelassen wurde. Präsident Trump ließ wiederum diese stoppen und ordnete die NASA wieder an, Menschen auf den Mond zu bringen - bitte bis 2024.
Raumfahrt: Was die können, können wir schon lange
Was sind die Gründe für diesen Schlitterkurs? Einerseits hat er oft damit zu tun, was politisch interessanter ist. Der Mars zeugt von mehr Ambition, doch der Mond bietet ein Ziel, welches besser erreichbar ist – möglicherweise noch in derselben Amtszeit.
Neben den USA bekunden inzwischen auch andere Weltraumnationen wie Russland, China, Indien oder die EU ein Interesse an bemannten Missionen.
Russland, Japan und China wollen bis 2036 eigene Mondbasen errichten; die NASA sogar bereits bis 2028.
Doch da zeigt sich ein großer Unterschied zwischen Mars und Mond: Denn während beim Mond sehr ernsthaft von bemannten Missionen und permanenten Mondbasen gesprochen wird, ist das beim Mars bislang höchstens sehr abstrakt.
Zumindest aufseiten der staatlichen Behörden – denn im Privatsektor gibt es ganz andere Pläne.
SpaceX und Blue Origin: Privat ins Weltall
Das wohl bekannteste private Weltraum-Unternehmen – SpaceX – ist gleichzeitig auch das ambitionierteste. Die Firma arbeitet aktiv am Starship (vormals BFR), einem superschweren Raumschiff, welches bemannte Marsreisen bis 2024 ermöglichen soll.
Dann soll bereits erstes Equipment geliefert werden, um eine permanente Basis auf dem Roten Planeten vorzubereiten. Kleine Crews würden kurz darauf folgen. SpaceX-Gründer Musk spekuliert, dass eine vollwertige menschliche Kolonie bis 2050 möglich sei.
Konkurrenz für Elon Musk? Die Vereinigten Arabischen Emirate möchten ebenso eine Marskolonie errichten – geben sich mit dem Jahr 2117 allerdings auch rund einhundert Jahre Zeit dafür.
Eine andere Firma ist Blue Origin, ins Leben gerufen von Amazon-Gründer Jeff Bezos. Blue Origin ist vor allem dafür bekannt, an Orbitalreisen zu arbeiten. Das Unternehmen möchte das Weltall wortwörtlich touristisch erschließen.
Doch jüngst erklärte Bezos, dass die noch etwas mysteriöse Sonde Blue Moon für Mondmissionen perfekt geeignet sei. Hat Blue Origin womöglich auch Ambitionen an einer Mondbasis?
Wohin Sie Ihre Kolonie steuern sollten
Doch kommen wir zurück zu Ihrem Dilemma im Raumschiff. Sie müssen irgendwo permanent aufschlagen. Was spricht für den Mond, was für den Mars?
Was für den Mars spricht
- Das Leben wäre einfacher. Ein Marstag dauert rund 24 Stunden - alles (fast) beim Alten, also. Der Mond braucht da mit 28 Erdtagen pro Mondtag schon ein wenig mehr Anpassung. Und erst die Temperatur. Wo diese am Mars zwischen wohligen 20 Grad und etwas frischen minus 70 Grad variiert, erwarten Sie auf dem Mond zwischen 127 Grad und minus 173 Grad. Versuchen Sie da mal, die richtige Kleidung einzupacken!
- Es gibt eine Atmosphäre: Diese ist besonders hilfreich, wenn es darum geht, gefährliche Strahlung fernzuhalten.
- Die Gravitation ist der Erde ähnlicher: Falls Sie derzeit 90 Kilogramm wiegen, würden Sie auf dem Mars 34 Kilogramm schwer sein und auf dem Mond nur 15. Das mag verlockend klingen, doch Obacht – wenn Ihre Knochen Sie nicht mehr gegen die Gravitationskraft stützen müssen, verkümmern Sie. Ist das wirklich den freudigen Blick auf die Mond-Waage wert?
- Der Mars ist wissenschaftlich wertvoller: Während der Mond inzwischen halbwegs gut erforscht ist, wissen wir über den Mars noch recht wenig. Und verstehen Sie uns nicht falsch, unser Mond ist aufregend, doch ein komplett anderer Planet? Das ist eine andere Liga!
Warum Sie vielleicht trotzdem den Mond bevorzugen
- Distanz: Zum Mars brauchen Sie mindestens sechs Monate, abhängig davon wie er gerade zur Erde steht (und wie hochwertig Ihr selbstgebasteltes Raumschiff ist). Der Mond ist dagegen in drei Tagen erreichbar. Das reicht zwar nicht für einen Wochenendtrip, doch macht das Liefern von Gütern oder eine Evakuation deutlich einfacher.
- Kommunikation: Wenn Sie mit jemandem auf der Erde telefonieren möchten, hätten Sie auf dem Mond einige Sekunden Verzögerung. Auf dem Mars wären es hingegen bis zu 24 Minuten, je nach Lage des Planeten in seiner Umlaufbahn.
- Überleben ist wahrscheinlicher: Eine Reise von sechs Monaten zum Mars erhöht die Wahrscheinlichkeit für gefährliche Sonneneruptionen. Diese jagen extrem starke radioaktive Strahlung durch das All. Falls Sie währenddessen unterwegs sind, stehen Ihre Chancen schlecht.
Doch warum sollten wir eigentlich bei Mond oder Mars Stopp machen? Die Breakthrough Starshot Initiative will mit 100 Millionen Dollar in der Kasse beweisen, dass eine Reise zum nächstgelegenen Sternensystem Alpha Centauri mittels eines speziellen Laser-Antriebs möglich ist.
Falls Ihr Montag sich also besonders träge gestaltet und der Drang, auszubrechen, kaum noch auszuhalten ist - versuchen Sie es doch mal mit einem anderen Sternensystem. Dann schauen Ihre Freunde, die in Südamerika am Backpacken sind, aber blöd aus der Wäsche.