Häuser aus dem 3D-Drucker: Schnell mal das Eigenheim drucken
Die 3D-Druck-Technologie ist längst in vielen Bereichen des Lebens angekommen – und macht auch im Hausbau beeindruckende Fortschritte. Vor allem in Sachen Tempo und Preis lässt sie die „herkömmliche“ Konkurrenz hinter sich. Was sind die wichtigsten Projekte und wo steht die Technologie?
Sie streiten sich, wie der Autor dieses Artikels, gerne mal mit dem Drucker in Ihrem Büro? Dann ist der folgende Text vielleicht nichts für Sie. Denn es geht um Häuser, die sozusagen aus dem Drucker entstehen – und zwar in weniger als 24 Stunden. Wenn Sie da vergessen, die Tintenpatrone nachzufüllen, dann war es das mit dem Eigenheim.
Möglich macht’s der 3D-Druck. Bei der Technologie geht es um Maschinen, welche Produkte Schicht für Schicht und damit dreidimensional aufbauen, also quasi „drucken“. Das findet inzwischen in zahlreichen Feldern Anwendung: Von Komponenten bei der Autoherstellung über Kleidungsstücke bis hin zu Prothesen und künstlichen Organen.
Genutzt wird dabei in aller Regel Kunststoff, doch auch Metalle und Keramik funktionieren als „Druckertinte“. Dazu gibt es auch noch andere Materialien wie Gips, Zement oder gar Biomaterialien.
Der 3D-Druck trat bereits in den 80er-Jahren langsam auf den Plan, wurde anfangs aber noch als Nischenmarkt belächelt. Inzwischen wird der Marktwert der Industrie für 2020 auf rund 30 Milliarden Dollar geschätzt.
Häuser aus dem 3D-Druck: Mehr als nur Betonklötze
In den vergangenen Jahren hat der 3D-Druck viele Fortschritte gemacht und den Weg für neue Anwendungen geebnet. Eine bislang durchaus exotische ist der Häuserbau.
Dabei geht es keineswegs um simple Betonquadrate: Die 3D-gedruckten Häuser sind bislang zwar fast allesamt recht klein, haben aber oft interessante Formen, beispielsweise mit vielen Rundungen.
Und was für viele Menschen wohl noch wichtiger ist: Der Druck ist extrem schnell und dank verhältnismäßig niedriger Material- und Arbeitskosten auch noch ziemlich günstig. Die Methode bedeutet außerdem weniger Materialverschwendung, was sie umweltfreundlicher als den herkömmlichen Bau macht.
Ein 3D-gedrucktes Haus mit 32 Quadratmetern kostet 2019 umgerechnet rund 3.600 Euro.
Ein Rekord nach dem anderen
Zeit für konkrete Beispiele: Im März 2018 präsentierte das amerikanische Startup Icon einen 3D-Drucker, welcher ein 32-Quadratmeter-Haus in nur 48 Stunden errichten konnte – für einen überschaubaren Preis von 10.000 US-Dollar, aktuell rund 9.000 Euro.
Was bereits damals beeindruckend war, wurde nur ein Jahr später direkt in den Schatten gestellt: Dieselbe Firma, Icon, stelle eine verbesserte Version ihres 3D-Druckers vor. Nun kann ein kleines Haus in lediglich 24 Stunden und für 4.000 Dollar (3.600 Euro) hergestellt werden.
Der Mix aus hoher Geschwindigkeit und niedrigen Kosten macht die Technik ideal für den Hausbau wirtschaftlich schwachen Gegenden. Entsprechend möchte Icon gemeinsam mit der NGO New Story Wohnsiedlungen für Bedürftige in Entwicklungsländern wie El Salvador errichten.
Die 3D-Drucker, die beim Hausbau zum Einsatz kommen, sind gigantisch – der Drucker der US-Firma Icon ist dreieinhalb Meter hoch und zehn Meter lang.
Die Goldene Ära der Riesendrucker
Icon ist längst nicht der einzige Anbieter. Der rasante Fortschritt im 3D-Druck sorgt für eine ganze Reihe an Firmen und Prototypen. Das russische Apis Cor entwickelt mobile 3D-Drucker, die direkt vor Ort ein Haus drucken. Kosten: 10.000 Dollar.
COBOD aus Dänemark baute 2017 wiederum das erste 3D-Druck-Haus Europas, das Building on Demand (BOD), das bis auf Fenster und Türen komplett abgerundet war.
Winsun aus Shanghai beeindruckte bereits 2014 mit zehn gedruckten Häusern – allesamt an einem Tag. Der Autor dieses Artikels hält das für unfair: In der Zeit, in der er einen Artikel schreibt, hat Winsun zehn Häuser fertiggedruckt. Die legten, anders als die übrigen Beispiele in diesem Text, zwar weniger Wert auf Ästhetik, kosteten allerdings auch nur jeweils 4.800 Dollar (4.300 Euro).
Vorteile von Häusern aus dem 3D-Drucker:
- Sehr hohe Baugeschwindigkeit
- Hohe Kosteneinsparungen
- Nachhaltiger, weniger Materialverschwendung
Nachteile von Häusern aus dem 3D-Drucker:
- Nicht jedes Material ist geeignet für den 3D-Druck
- Noch ist unklar, welche Auflagen es für 3D-Druck-Gebäude geben wird
- Nur die Grundzüge können 3D-gedruckt werden
Lehmhütten, Bürogebäude und Wolkenkratzer
Auch im exotischen Feld des 3D-Baus gibt es Exoten. Da wäre das italienische Startup WASP, welches an nachhaltigen und biologisch abbaubaren Häusern arbeitet. WASP hat eine sandfarbene, 20 Quadratmeter große Hütte namens Gaia entworfen. Sie besteht aus Abfallmaterialien aus der Reisproduktion, womit die Materialkosten bei nur 900 Euro liegen.
Das bislang wohl fortgeschrittenste 3D-Druck-Haus ist ein Bürogebäude in Dubai, von Winsun hergestellt. Der futuristisch anmutende Bau mit 250 Quadratmetern dauerte 17 Tage und schlug mit 140.000 Dollar (126.000 Euro) zu Buche. Viel für einen 3D-Druck-Bau, doch nur etwa halb so viel wie die herkömmliche Bauweise erfordert hätte.
Am bislang ambitioniertesten dürfte aber das Projekt der arabischen Firma Cazza sein. Sie möchte in Dubai den ersten 3D-gedruckten Wolkenkratzer der Welt errichten. Noch ist nicht allzu viel über das Vorhaben bekannt, doch sollte es sich tatsächlich um ein Gebäude mit 50 oder mehr Stockwerken handeln, wären das völlig neue Höhen für die junge Technologie - wortwörtlich.
Echte Wohnungen für echte Menschen
Allerlei beeindruckende Machbarkeitsbeweise beiseite, zeigt der 3D-Druck bereits allmählich, dass er den Sprung in die echte Welt schafft. Da wäre zum Beispiel das El-Salvador-Projekt von Icon und New Story, das 400 Menschen eine Bleibe schaffen soll.
Ein anderes Vorhaben ist das Project Milestone der Universität Eindhoven, das fünf 3D-gedruckte Häuser in einem Wohnbezirk im niederländischen Bosrijk errichtet – das offiziell erste kommerzielle Wohnprojekt mit 3D-Zementdruck. Und bereits 2017 zog die erste Familie der Welt im französischen Nantes in ein 3D-Druck-Haus ein.
Womöglich ist es also an der Zeit, netter zu unseren Druckern zu sein. Schon bald könnten unsere eigenen vier Wände aus ihnen herausrollen.