Am Verkehr vorbeischießen im Hyperloop
Stau ist sowas von gestern: Heutzutage lässt man sich von Magneten durch Vakuumröhren schießen. Zumindest in der Theorie, denn Hyperloops sind noch nicht umgesetzt. Zahlreiche Firmen und Forscher jagen der Idee hinterher.
Langweilt Sie das tägliche Pendeln zu Tode? Was halten Sie davon, dass wir Sie mit 457 Kilometern pro Stunde durch eine Vakuumröhre schießen? Dann wäre der Arbeitsweg nicht nur kürzer, sondern auch deutlich aufregender. Wobei wir natürlich nicht wissen, wie Sie derzeit Auto fahren.
Die Rede ist von Hyperloops. Das hochmoderne Mobilitätskonzept: Kapseln jagen auf Luftkissen gleitend durch eine Vakuumröhre und erreichen dabei bis zu 1200 km/h.
Verfechter argumentieren, dass das Konzept umweltfreundlicher als Flugzeuge und zugleich schneller als Züge sein soll. Und obendrein sicherer und günstiger als beides. Doch es gibt noch einige offene Fragen. Schauen wir uns das mal genauer an.
Der “Hyperloop” bezeichnet kein Produkt, keine Firma, keine Marke – sondern eine Technologie, an der zahlreiche Unternehmen werkeln, um sie marktreif zu bekommen.
Hyperloops: Röhren in aller Welt
Die Idee für den Hyperloop kommt von Elon Musk. Er hat das Konzept 2013 der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt – er selbst habe keine Zeit dafür. Musk nannte den Hyperloop damals einen “Mix aus einer Concorde, einer Railgun und einem Air-Hockey-Tisch”.
Seitdem haben sich zahlreiche Firmen daran gemacht, die Idee in die Realität umzusetzen. Und sie haben dabei Fortschritte erzielt.
Die Akteure hinter dem Hyperloop
Virgin Hyperloop One: Die amerikanische Firma wird mit Saudi-Arabien eine 35 Kilometer lange Teststrecke in der arabischen Wüste errichten – Rekord. Bereits seit 2017 betreibt Virgin eine 500 Meter lange Teststrecke in der Wüste des US-Bundesstaats Nevada. Im Jahr 2020 soll in den Vereinigten Arabischen Emiraten ein kommerzieller Betrieb starten – ein ambitioniertes Ziel.
Hyperloop Transportation Technologies (HTT): Virgins größte Konkurrenz, ebenso aus den USA, ist global aktiv: Es gibt beispielsweise Kooperationsabkommen mit Südkorea, Tschechien, Indonesien und der Ukraine. HTT hat im französischen Toulouse eine 320 Meter lange Teststrecke gebaut. Im kommenden Jahr sind erste Tests mit Passagieren geplant. In einem Joint Venture mit dem Hamburger Hafen soll bis 2021 eine Teststrecke für den Transport von Containern entstehen.
Hochschule Emden/Leer: Die Hochschule plant im deutschen Niedersachsen ein Forschungszentrum – und will dafür die bestehende Transrapid-Strecke in der Region umbauen.
Hardt Hyperloop: Die niederländische Firma hat in Delft eine voll funktionsfähige Teststrecke über 30 Meter fertiggestellt. Das ambitionierte Ziel, bis 2021 Amsterdam und Paris zu verbinden, musste Hardt allerdings fallen lassen.
Schweizerische Bundesbahn (SBB): Die SBB plant eine drei Kilometer lange Teststrecke im Kanton Wallis.
The Boring Company: Elon Musk entschied sich Ende 2017, doch im Hyperloop-Bau mitzumischen. Für die bislang vagen Pläne will er seine Tunnelbohr-Firma The Boring Company nutzen.
Allererste Konzepte, die mit Hyperloops vergleichbar sind, wurden bereits im späten 19. Jahrhundert vom britischen Ingenieur Isambard Brunei vorgeschlagen.
Warum Sie sich durch eine Röhre schießen lassen sollten
Hyperloops erlauben rasante Geschwindigkeiten. Elon Musk veranstaltet regelmäßig Hyperloop-Wettbewerbe, der Sieger seit Jahren: ein Team der TU München. 2018 gelang den Studierenden eine Geschwindigkeit von 467 km/h. Theoretisch sollen bis zu 1.200 km/h möglich sein.
Kommerzielle Flugzeuge sind im Schnitt mit rund 800 km/h unterwegs. Nicht nur ihre potenzielle Geschwindigkeit spricht für Hyperloops: Da die Kapsel auf Luftkissen durch eine Vakuumröhre rast, fallen Luftwiderstand und Reibung beinahe weg. Im laufenden Betrieb fallen damit weniger Kosten an.
Da der Hyperloop von Magneten und elektrisch betriebenen Kompressoren angetrieben wird, braucht er weder Benzin noch Kerosin – Strom, um die Strecke zu betreiben, allerdings schon. Das US-Verkehrsministerium rechnet damit, dass Hyperloops auf Kurzstrecken sechsmal energieeffizienter wären als Flugzeuge – und dreimal effizienter als High-Tech-Züge. Eine Hamburger Studie hat den Effekt eines 300-Kilometer-Hyperloops für Fracht in Norddeutschland berechnet. Das Projekt würde einen jährlichen Gegenwert in Höhe von 900 Millionen Euro erbringen, indem es für weniger Luftverschmutzung, Unfälle und Staus sorgt.
Im Vakuum fällt Mathematik schwer
Für ein Hyperloop-Projekt, das Los Angeles und San Francisco verbinden soll, kalkuliert Musk mit einem Ticketpreis von 20 Dollar, umgerechnet 18 Euro, und Kapseln, die alle 30 Sekunden abfahren.
Doch manche Experten, allen voran Ökonomen, zweifeln an der Wirtschaftlichkeit des Konzepts. Während Musk für die oben beschriebene Strecke Los Angeles-San Francisco mit bis zu sieben Milliarden Dollar Baukosten, umgerechnet 6,40 Milliarden Euro, kalkuliert, rechnen sie mit bis zu 100 Milliarden Dollar, umgerechnet 91 Milliarden Euro. Dann wären 20-Dollar-Tickets quasi unmöglich.
Hype oder Hyperloop?
Die Hyperloop-Firmen sparen nicht mit Superlativen, wenn sie ihr Produkt beschreiben. Der Hyperloop könne einen so gewichtigen Einfluss auf die Gesellschaft haben wie einst die Eisenbahn, so etwa der Marketingchef von Virgin Hyperloop One. Hilft allerdings nichts: Sie werden vorerst mit Ihrem üblichen Arbeitsweg vorlieb nehmen müssen. Noch ist unklar, ob Hyperloops es in die Realität schaffen. Langwierige Genehmigungsprozesse und hohe Kosten könnten den unternehmerischen Enthusiasmus ersticken.