Augmented Reality: Ins Blickfeld gezaubert
Geben Sie der Realität etwas Pepp und machen Sie sie augmented. Von magischen Möbeln bis hin zu ausgebildeten Ärzten, wir zeigen Ihnen, was Augmented Reality kann.
Wissen Sie, was dem Leben fehlt? Drachen. Das würde dem Alltagstrott deutlich mehr Aufregung verpassen. Stellen Sie sich mal vor, wieviel Spaß die alltägliche Pendelei plötzlich machen würde, wenn eine feuerspeiende Riesenechse das hupende Auto hinter Ihnen verschluckt. Das einzige Problem: Es gibt sie nunmal nicht.
Fantasybücher, Filme, ja sogar Virtual Reality (VR) sind für Sie kein adäquater Ersatz, denn Sie sind zu smart, um sich selbst damit zu belügen. Wir hätten aber womöglich eine Lösung. Wie wäre es, wenn wir die Echse Ihres Herzens direkt in Ihr Sichtfeld setzen? Willkommen zur Augmented Reality (AR). Und wir zeigen Ihnen auch gleich, wieso die Technologie noch viel mehr als Fantasy kann.
Augmented Reality: Die etwas bessere Realität
Augmented Reality bedeutet, dass die menschliche Realitätswahrnehmung mittels Computertechnologie erweitert wird - das kann jeden Sinn ansprechen, ob Geruch oder Gehör. Doch machen wir uns nichts vor: Wenn von AR die Rede ist, geht es derzeit eigentlich immer um das Sehen: In Ihr Blickfeld wird ein virtuelles Objekt eingeblendet, so dass es aussieht, als wäre es tatsächlich Teil der Szene vor Ihnen.
Der Unterschied zu Virtual Reality (VR), ist, dass nicht das gesamte Bild virtuell geschaffen wird, sondern eben nur ein (oder einige) Objekte, die Sie sehen. Beispiel zur Verdeutlichung: Sie finden sich in einem Montagmorgen-Meeting wieder, das keine Zeitverschwendung ist? Das muss Virtual Reality sein. Sie finden sich in einem gewohnt unproduktiven Montagmorgen-Meeting wieder, in welchem ein Teilnehmer produktiv ist? Augmented Reality, der ominös-produktive Mitarbeiter ist virtuell ins Bild gesetzt.
Das hätten Sie allerdings auch daran erkennen können, dass Sie im VR-Beispiel ein großes Headset oder einen Helm getragen haben. Bei AR brauchen Sie hingegen in aller Regel kein großes Equipment. Stattdessen findet die virtuelle Einblendung/Überlagerung durch eine Brille oder Ihr Smartphone statt: Blicken Sie auf Ihr Smartphone, sehen Sie dann ein normales Bild der Umgebung, als wenn Sie Ihre Kamera angeschaltet hätten, nur dass ein virtuelles Objekt ins Bild eingeblendet ist.
Wie funktioniert AR? Der Kern ist das sogenannte “Tracking”, mit welchem sich die Software in der wirklichen Welt orientiert. Dann kann sie – hoffentlich punktgenau – virtuelle Objekte einblenden.
Anwendungen: Möblieren leicht gemacht
Als erstes Beispiel beginnen wir mit dem Scheidungsgrund Nummer eins (Quelle: Redaktion) - dem Möbelkauf. Sie wollen also Ihre neue Wohnung, die womöglich 3D-gedruckt ist, möblieren. An der Frage, ob nun die zinnoberrote oder doch die indischgelbe Couch besser in Ihr Wohnzimmer passt, entbrennt ein derart großer Streit mit Ihrem Partner, dass sich selbst die Polizei nicht traut, zu intervenieren.
Zum Glück ist AR da völlig furchtlos. Kurz Ihr Smartphone gezückt, die App angemacht und schon sehen Sie beide Couchvarianten virtuell in Ihrem Wohnzimmer auferstehen. Sie können sich um die Couch herum bewegen und sie so von allen Seiten anschauen. Das macht die Entscheidungsfindung direkt einfacher.
Ikea ermöglicht das mit seiner eigenen App “Ikea Place”. Die virtuellen Möbelstücke werden darin dreidimensional und, so die Firma, zu 98 Prozent maßstabsgetreu in die reale Welt eingeblendet. Und der Möbelkonzern ist längst nicht der einzige Anbieter von Innendesign-AR, eine ganze Reihe von Apps existiert dazu bereits.
Mit AR können Sie auch Informationen über Ihre Umgebung erhalten: Manche Apps erlauben Ihnen, Ihre Kamera auf ein Objekt zu richten und dann bspw. Informationen oder Kaufangebote zu erhalten.
Anwendungen: Gaming, Training und Tourismus
Eine andere, sehr prominente, Anwendung ist das Gaming. Pokémon Go ist hier der bekannteste Fall. Das Smartphone-Spiel wurde 800 Millionen Mal heruntergeladen und hat seinem Hersteller über 2 Milliarden Dollar (1,8 Milliarden Euro) Umsatz eingebracht. Ein Spiel, welches virtuelle Elemente via Smartphone-Kamera in die reale Welt einblendet, hatte es so noch nicht gegeben.
Doch AR hat mehr als nur Gaming und Innendesign zu bieten. Die Technologie erlaubt es (angehenden) Medizinern sozusagen in Realsituationen zu üben. Dadurch verbessert sie die Qualität der medizinischen Fortbildung. Auch die Industrie, z.B. im Anlagenbau, setzt auf AR als günstige, effektive und vor allem sichere Trainingsmethode.
Indem AR Ihnen wichtige Informationen direkt ins Sichtfeld transportiert, kann es auch allerlei Arbeitsprozesse effizienter machen. Gerade Mechaniker müssen zwischen dem Werkeln oft in ein Handbuch schauen oder Werte prüfen. AR kann da helfen. Ein Test mit Flugzeugmechanikern der US-Firma GE Aviation zeigte Effizienzgewinne von bis zu 12 Prozent. Die Mechaniker waren überzeugt und vermuteten, dass das System mit AR auch zu weniger Fehlern führen würde. Das könnte den Unterschied zwischen einem sehr entspannten und einem weniger entspannten Flug ausmachen.
Für den Einzelhandel oder die Tourismusbranche ist es hingegen besonders spannend, Kunden auf Wunsch mehr Informationen zu einem Produkt/ihrem Aufenthalt einblenden zu können. In Österreich nutzt beispielsweise die Ferienregion Traunsee in ihren Tourismusangeboten AR-Technologie.
Die vermutlich erste Nutzung von AR im engeren Sinne war durch Kampfpiloten: Sie ließen sich schon seit den 1940ern wichtige Daten über ihre “head up displays” einblenden, um im Einsatz nicht regelmäßig auf die Instrumente blicken zu müssen.
Anwendungen von AR
- Training/Fortbildung, z.B. in der Medizin, Industrie oder im Flugtraining
- Einblenden von Daten bei der Arbeit, z. B. für Mechaniker, Chirurgen oder Kampfpiloten
- Schule/Universität, als spannendes Medium, um Wissen zu vermitteln
- Information für Kunden, z.B. im Einzelhandel oder im Tourismus
- Planen und Darstellen, z.B. im Schiffs- oder Automobilbau, in der Architektur
- Fußballübertragungen: Der Entfernungspfeil beim Freistoß!
Ist AR das bessere VR?
Sie sehen, dass AR eine ganze Reihe von Anwendungsmöglichkeiten hat. Viele Analysten vermuten deswegen, dass der AR-Markt in den nächsten Jahren enorm wachsen wird: Auf 85 Milliarden Dollar (77 Mrd. Euro) in 2025, von 4,2 Milliarden Dollar (3,81 Mrd. Euro) im Jahr 2017.
Gegenüber der “Schwestertechnologie” VR hat AR bei vielen Analysten die Nase vorn. AR ist technisch einfacher umzusetzen und hat mehr (oder zumindest intuitivere) Anwendungsmöglichkeiten. Das zeigt sich auch im Marktwert: Der Markt für Virtual Reality war 2016 noch umgerechnet rund 1,8 Milliarden Euro wert und wird für 2023 auf 24,5 Milliarden Euro geschätzt. Das ist ein gutes Stück weniger als AR.
Zahlen schön und gut. Völlig unbezahlbar ist jedoch, dass AR Ihnen endlich Drachen in den Alltag zaubern kann. Und Ihnen besser trainierte Ärzte und Piloten bringt. Sie dürfen selbst entscheiden, was Ihnen wichtiger ist.