Züchten Sie sich auch kleine Motivations-Junkies heran?

Wir Erwachsenen kommen heutzutage nicht mehr daran vorbei, mit Kundenkarten Bonuspunkte zu sammeln, die wir irgendwann gegen tolle Prämien eintauschen können, die wir eigentlich nicht brauchen. Es ist also nicht verwunderlich, dass das „Prämiensystem“ mittlerweile auch in der Kindererziehung angekommen ist.

Bub mit Sparschwein


Gute Noten mit Geld zu belohnen, ist ja nichts Neues mehr. Um augenscheinliche „Faulpelze“ in schulische Überflieger zu verwandeln greift man als Elternteil mitunter auch schon mal tiefer in die Tasche und auch die Verwandten dürfen die Kids gerne mit ein paar Scheinen motivieren. Aber selbst für ganz kleine, alltägliche Aufgaben wissen sich viele Eltern nicht mehr anders zu helfen, als die Kinder mit Belohnungen zu locken. Das Ergebnis: sogenannte Bonussysteme für Kinder boomen. 

So funktionieren Belohnungssysteme

Die Kids können sich durch die Erledigung einzelner Aufgaben – vom Lernen über Obst essen und Zimmeraufräumen bis zum Zähneputzen – Sticker verdienen, die auf „reward charts“ (Belohnungstabellen) geklebt werden. Haben sie eine gewisse Zahl an Stickern (Sternchen, Smileys, Punkte etc.) gesammelt, erhalten Sie eine Prämie. Zum Beispiel können Sie 10 Sticker für ein Eis einlösen, oder sie sparen auf die DVD für 15 Sticker. Viele Eltern berichten begeistert von den durchschlagenden Erfolgen dieser Taktik. Natürlich steht jedem frei, es selbst mal auszuprobieren. Eines sollte Ihnen allerdings klar sein: Wer Belohnungen allzu locker einsetzt, erzieht seine Kids schnell zu Motivations-Junkies. Warum? Um das zu verstehen, müssen wir uns ansehen, was Motivation eigentlich bedeutet.

Wie funktioniert Motivation eigentlich?

Motivation, also das Streben nach Zielen, lässt sich ganz grob in zwei Kategorien einteilen: die intrinsische Motivation ist der innere Wunsch etwas gut zu machen, etwa durch Interesse an einer Sache z.B. Spaß am Klavierspielen. Bei der extrinsischen Motivation unterscheidet man wiederum:

  • Soziale Motive, z.B. Prestige, etwa weil die Klassenkameraden es ganz toll finden, dass man Klavierspielen kann
  • Materielle Motive, z.B. Strafe oder Belohnung, etwa weil man für das Lernen eines neuen Stücks von den Eltern Geld bekommt

Was ist also die Kehrseite an Belohnungen?

    • Belohnungen sind Gift für die innere Motivation
      Seien wir mal ehrlich: Ist es Ihnen nicht lieber, wenn Ihr Kind eine Sprache lernt, weil es ihm Spaß macht, und nicht, weil Sie mit einem Scheinchen vor seiner Nase herumwedeln? Okay, werden Sie jetzt sagen, aber welchem Kind macht Aufräumen Spaß? Guter Punkt. Und kurzfristig betrachtet ist es sicherlich zielführend, für das Aufräumen eine Belohnung in Aussicht zu stellen. Das Zimmer wird sauber sein – Ziel erreicht. Aber ...

    • Sie vermitteln die falschen Werte
      Im Leben macht nicht alles Spaß. Fakt. Und ihr Kind wird nicht immer für alles belohnt werden. Oder wollen Sie ihrer Tochter auch mit 40 noch nach jeder erfolgreichen Präsentation im Büro einen Schokoriegel zustecken? Oder sofort Geld überweisen, wenn ihr Sohn im Urlaub die Bierdosen nicht am Strand zurücklässt?

    • Der Gewöhnungseffekt
      Das Wort Motivations-Junkies ist nicht zufällig gewählt. Unsere Kids sind nämlich nicht doof. Mit der Zeit werden sie für mehr und mehr Dinge eine Belohnung verlangen, besonders wenn es um alltägliche Dinge geht. Ist ja irgendwie auch logisch: Wieso sollten Sie nur fürs Zimmeraufräumen eine Belohnung bekommen und den Tisch umsonst decken? Das Belohnungssystem dann wieder einzustellen ist für Kinder allerdings ebenso verwirrend wie frustrierend.

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Mangelnde Motivation ist nicht immer das Problem
Wenn ein Kind für eine Schularbeit nicht lernt, muss es nicht an Faulheit oder Desinteresse liegen. Vielleicht hat Ihr Kind Angst davor, hat kein Selbstvertrauen oder es versteht den Stoff nicht. Da hilft dann auch die Aussicht auf ein fettes Taschengeld oder ein Eis nicht. Womit wir schon beim nächsten Thema sind: 

Belohnungen bauen Druck auf
Nehmen wir wieder das Thema Noten. Durch die finanzielle Belohnung laden Sie Schulnoten mit noch größerer Bedeutung auf, als sie es ohnehin schon haben. Hat Ihr Kind das Gefühl, dass das Ziel (also die gute Note) unrealistisch und unerreichbar ist, resultiert das in Stress, Misserfolg und Frust. Möglicherweise erreichen Sie genau das Gegenteil. Weil ihr Kind denkt „das schaff ich ja sowieso nie!“, wird es in Zukunft gar nicht erst versuchen, das Ziel zu erreichen, um nicht daran zu scheitern. 

Sind Belohnungen also schlecht?
Nein. Sie können unter Umständen sinnvoll sein, sollten aber durchdacht eingesetzt werden. 

Einige Tipps für die richtige Motivation
  • Versuchen Sie zunächst die Ursachen zu finden, warum Ihr Kind etwas nicht von sich aus tut. Wissen Sie, woran es liegt, können Sie hier ansetzen.
  • Belohnen Sie nicht das Ergebnis, sondern den Einsatz, um keinen unnötigen Leistungsdruck aufzubauen. Belohnen Sie also nicht für ein „Sehr Gut“, sondern belohnen Sie Ihr Kind für den Lerneinsatz und für sein Durchhaltevermögen.
  • Setzen Sie auf punktuelle, individuelle Belohnungen. Geld ist nicht immer die beste Alternative. Überlegen Sie stattdessen, was Ihr Kind am meisten freuen würde. Natürlich sagt niemand zu 20 Euro Nein, aber möglicherweise ist es für Ihr Kind ein viel größerer Anreiz, mit ein paar Freunden auf ein Konzert gehen zu dürfen.
  • Belohnen Sie keine alltäglichen, sondern spezielle Leistungen. Ihr Kind sollte nicht das Gefühl bekommen, dass es für jeden Handgriff eine Belohnung zu erwarten hat. Für manche Dinge lässt sich sogar Spaß wecken, bei andere heißt es einfach: Zähne zusammenbeißen. Schließlich müssen wir da alle durch. 

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