Abendrituale: So gehen Kinder gerne ins Bett

„Nur noch ein bisschen aufbleiben!“ – so betteln Kinder häufig wenn Schlafenszeit ist. Heilpädagogin Mag. Christina Riegler verrät Tipps und Tricks wie Kinder leichter einschlafen.

Vater liest mit Kindern Gute-Nacht-Geschichte


Warum sind Abendrituale so wichtig?

Christina Riegler: Abendrituale sind etwas Wiederkehrendes, auf das sich das Kind verlassen kann. Sie geben Sicherheit und vermitteln Halt. Der Hauptgedanke dahinter ist das Wir-Gefühl zu stärken. Die gemeinsame Zeit mit Mama oder Papa festigt die zwischenmenschliche Bindung zwischen Kind und Elternteil enorm. Die Kinder wissen, dass diese Zeit ihnen gehört und genießen die Geborgenheit, ganz egal in welchem Alter – es wird nur auf eine andere Art und Weise eingefordert. 

Aber warum gerade am Abend?

Christina Riegler: Der Abend eignet sich dazu, weil der Stress des Tages meistens schon vorbei ist. Bei den Eltern sinkt der Stresspegel, wenn Arbeiten in der Firma und im Haus erledigt sind – man ist dann entspannt und hat Zeit. Aber auch bei den Kindern sind Schularbeiten erledigt und der Tag mit all seinen Aktivitäten ist vorbei. Der Abend ist ein guter Moment, der für die Gemeinsamkeit genutzt werden kann. 

Welche Abendrituale sind für kleine Kinder gut geeignet?

Christina Riegler: Je nach Alter gibt es unterschiedliche Abendrituale. Bei Kleineren geht es mehr darum, dass sie in den Schlafprozess hineinkommen. Das heißt aufwühlende oder aufwirbelnde Aktivitäten wie Fangen spielen sollten am Abend gemieden werden. In der Einschlafphase kann mit einer Massage begonnen werden, sodass die Kinder zur Ruhe kommen. Das Vorlesen von Gutenachtgeschichten oder eine Milch mit Honig sind ebenso für kleinere Kinder geeignet.

Die berühmte Milch mit Honig – klappt das Einschlafen wirklich nur damit?

Christina Riegler: Milch ist etwas, das bei Kleinkindern Bekanntes im Gehirn abruft und sie an Vertrautes und Heimeliges zurück erinnern lässt: Ihre Mama stillt sie von Geburt an, danach trinken viele Milch mit oder auch ohne Kakao. Aber im Prinzip funktioniert nicht nur die Milch mit Honig, sondern auch ein Tee oder auch gar nichts. Das Wichtigste ist, dem Kind Zuwendung, Liebe und Aufmerksamkeit zu schenken. Das heißt die Zeit wirklich intensiv dem Kind zu widmen, nichts anderes zu tun und miteinander den Moment genießen. 

Und was hilft größeren Kindern besser einzuschlafen?

Christina Riegler: Für größere Kinder passt das natürlich nicht mehr, das ist ganz klar. Eine Möglichkeit wäre, den erlebten Tag zu reflektieren. Was ist an diesem Tag gut gelaufen, was ist geglückt? Zur Stärkung des Selbstbewusstseins ist das Feedback der Elternseite bedeutend, wenn diese beispielsweise stolz auf ihr Kind waren. Eine andere Option ist, den nächsten Tag vorzubesprechen. Hier können Fantasiereisen helfen, Situationen durch zu imaginieren. Gedankenstützen, Lernstrategien und das Stärken der eigenen Fertigkeiten und Fähigkeiten werden hier gedanklich gefördert.

Bei den Großen funktionieren auch Hör-CDs sehr gut. Es gibt heutzutage ein großes Angebot, auch speziell welche, die für den Abend geeignet sind. Sie sollten natürlich altersentsprechend sein, das heißt keine Krimis, Thrillers oder ähnliches, sondern Geschichten, die helfen in den Schlaf einzutauchen. Auch Musik die ihnen gefällt und gut tut lässt die Großen leichter abschalten. Das Lesen eines Buches oder auf dem Ebook Reader ist genauso ein gutes Mittel, um den Einschlafprozess zu fördern.  

Es kommt vor, dass Kinder in der Nacht nach Albträumen aufwachen. Welche Tricks helfen dann?

Christina Riegler: Das ist auch wieder altersabhängig unterschiedlich. Bei Kleineren muss untersucht werden, wo die Angstquelle herkommt. Da wird dann gemeinsam geschaut, ob unter dem Bett ein Krokodil oder ein Monster ist und verifiziert dann, dass es nur ein Schatten und sonst nichts gewesen war. Bei Größeren verstecken sich oft andere Gründe wie Ängste vor Schulaufgaben, Leistungsdruck, Noten oder andere belastende Situationen dahinter. Hier sollte tagsüber dann ein vertrauliches Gespräch gesucht werden.

Und was passiert, wenn die Eltern abends einmal weggehen und ein Babysitter kommt? Soll man dann dem Babysitter erklären, welche Abendrituale normalerweise durchgeführt werden oder soll der Babysitter eigene Abendrituale mit den Kindern haben?

Christina Riegler: Da stellt sich die Frage, ob der Babysitter der Familie so nahe ist, dass er die Abendrituale übernehmen kann und auch will. Manche Eltern sehen ihre Abendrituale auch als etwas, das nur sie mit ihrem Kind machen und sonst keiner. Die Kinder können sich relativ gut darauf einstellen und fordern auch oft unterschiedliche Rituale von Mama, Papa, Oma oder dem Babysitter. 

Was mache ich, wenn ich mehrere Kinder habe? Muss ich mich aufteilen?

Christina Riegler: Je nachdem wie groß der Altersunterschied ist, kann man häufig einen Teil zumindest gemeinsam erleben. Zusammen auf der Coach im Wohnzimmer, die Kuscheldecke über alle ausgebreitet, kann der Tag reflektiert werden oder eine Gutenachtgeschichte vorgelesen werden. Kleinere Kinder benötigen danach vielleicht noch die körperliche Nähe im Bett, aber Größere nutzen selbstständig Hör-CDs, Musik oder ein Buch zum Einschlafen.

Wer soll beim Abendritual dabei sein? Mama oder Papa? Oder beide?

Christina Riegler: Ich denke, da ist es zum einen wichtig, das Kind aussuchen zu lassen und zum anderen wer überhaupt verfügbar ist. Zudem sollen die Abendrituale auch nicht widerwillig gemacht werden. Es kann ja sein, dass ein Elternteil nicht der Typ dafür ist und seine Gefühle und Zuneigung dem Kind anders zeigt. Es muss stimmig sein, denn Kinder merken es sofort, wenn derjenige es nur macht weil er muss. Oft reicht auch schon etwas Kleines wie beispielsweise ein Busserl auf die Stirn und ein liebes „Gute Nacht. Schlaf und träum schön!“.

(In Kooperation mit Mag. Christina Riegler, Sonder- und Heilpädagogin)

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