Starker Beckenboden in der Schwangerschaft und nach der Geburt
Schwangerschaft und Geburt sind für den Beckenboden eine enorme Belastung. Sportwissenschafterin Dr. Iris Floimayr verrät die wichtigsten Fakten und wie Sie Ihren Beckenboden richtig trainieren.
Ein starker Beckenboden schützt vor Inkontinenz und Rückenschmerzen
Die Beckenbodenmuskulatur wird in der Schwangerschaft stark beansprucht. Denn mit dem zunehmenden Gewicht des Babys, der Plazenta und des Fruchtwassers steigt der Druck nach unten. Die Folgen können chronische Rückenbeschwerden im unteren Rücken, eine allgemeine Organ- oder Gebärmuttersenkung sowie Probleme mit Blase und Darm sein. Ungewollter Harnverlust betrifft mehr als die Hälfte aller Schwangeren. Und auch nach der Geburt haben viele Mamas mit einem schwachen Beckenboden zu kämpfen.
Die gute Nachricht: Mit gezielten Übungen lässt sich die Beckenbodenmuskulatur schon vor der Geburt trainieren und stärken.
So funktioniert der Beckenboden
Die Beckenbodenmuskulatur ist mit dem knöchernen Becken verbunden und reicht von Schambein und Steißbein bis hin zu den Sitzbeinhöckern. Unterschiedliche Muskelfasern und -schichten sorgen dafür, dass der Beckenboden beim Husten, Niesen, Lachen oder Hüpfen dem entstehenden Druck standhalten kann. Ein starker Beckenboden verschließt zuverlässig die Körperöffnungen und hält Blase, Gebärmutter und Darm in Position. Zudem bildet er eine funktionelle Einheit mit dem Muskelsystem der Rumpfkapsel und sorgt so dafür, dass Wirbelsäule und Becken stabil und aufrecht sind.
5 Tipps für einen gesunden Beckenboden
- Gesunde und ausgewogene Ernährung
- Übergewicht vermeiden
- Dammmassage ab der 32. Schwangerschaftswoche mit speziellem Öl
- Rauchen ist tabu
- Regelmäßige Bewegung und gezielte Übungen für die Beckenbodenmuskulatur
Ab wann kann man mit dem Beckenbodentraining nach der Geburt beginnen?
Gleich nach der Geburt ist zunächst Ruhe und Erholung angesagt. In den ersten Tagen und Wochen geht es darum, die Beckenbodenkraft schrittweise wieder aufzubauen – probieren Sie anfangs, die Beckenbodenspannung einfach nur bewusst wahrzunehmen.
Nach sechs bis acht Wochen sollte der Beckenboden schon so stark sein, dass Sie problemlos und ohne Harnverlust husten, niesen und lachen können. Lassen Sie sich am besten von einer erfahrenen Trainerin, Hebamme oder Physiotherapeutin beraten, wie Sie den Beckenboden nach der Geburt aktiv trainieren können.
Beim isolierten Beckenbodentraining steht das Zusammenziehen der ringförmigen Muskelschichten des Beckenbodens im Fokus. Es ist aber auch wichtig, die Beckenbodenmuskelspannung in Alltagsbewegungen und ins allgemeine Training bei allen Übungen und Bewegungsabläufen zu integrieren.
Ab wann kann man nach der Geburt wieder laufen gehen?
Laufen beansprucht den Beckenboden sehr. Vor allem bei stillenden Jungmüttern kann die weiche Muskulatur den Erschütterungen nach unten schwer standhalten. Daher sollte man nach der Geburt mindestens fünf bis sechs Monate warten und erst wieder mit dem Lauftraining beginnen, wenn die Beckenbodenmuskulatur auch stark genug dafür ist.
Möchten Sie nach der Geburt ihre funktionelle Beckenbodenkraft testen, weil Sie z.B. wieder mit dem Laufen beginnen möchten? Im Video Funktionstest für den Beckenboden stellt Dr. Iris Floimayr-Dichtl den vierstufigen Funktionstest vor, der Ihnen einzuschätzen hilft, welche Übungen Sie schon ausführen können.
Rasch reagieren bei Organsenkung
Durch die schwache Beckenbodenmuskulatur nach der Geburt kann es zu einer Organsenkung kommen. Dabei können Organe wie Gebärmutter und Blase sehr tief in Becken und Scheide sinken oder sogar aus der Scheide heraustreten. Passiert das, sollten Sie sich in jedem Fall an eine Gynäkologin und Physiotherapeutin wenden. Begleitend zu medizinischen und therapeutischen Maßnahmen kann der Beckenboden auch aktiv trainiert werden. Es gibt gezielte Übungen und auch Trainingsgeräte, die in die Scheide eingeführt werden, um die Beckenbodenmuskulatur zu stärken und die Schließkraft wieder herzustellen.