Fassadenbegrünung: Schluss mit grauen Wänden
Immer öfter wachsen Pflanzen dort, wo vorher nur Stein, Beton oder Glas war. Warum begrünte Fassaden nicht nur hübsch aussehen.
Immer mehr Fassaden in österreichischen Städten werden von Pflanzen geziert, was die Natur sozusagen in die Lüfte hebt. Die grünen Fassaden haben weitaus mehr zu bieten als einfach nur hübsch auszusehen.
Dabei sollte das Aussehen nicht unterschätzt werden. Grüne Fassaden lassen ein Gebäude dynamischer sowie, nunja, grüner wirken. Zahlreiche verschiedene Pflanzen sind für eine Begrünung geeignet und erlauben Abwechslung. Und mit wechselnden Jahreszeiten verändert sich das Aussehen eines Gebäudes gleich mit.
Ein Beispiel: Die Bewohner des Hochhauspaars Bosco Verticale in Mailand leben buchstäblich in einem vertikalen Wald. Auf 111 sowie 76 Metern Höhe bietet es Platz für 1.800 Bäume und 18.000 weitere Pflanzen – teils an Fassaden, teils auf Balkonen. Botaniker verbrachten zwei Jahre damit, den idealen Pflanzenmix zusammenzustellen. Bosco Verticale hat für sein Konzept mehrere Gebäudepreise gewonnen.
Klimaanlage in (Fassaden-)Grün
Jetzt zum praktischen Nutzen grüner Fassaden. Da ist einmal der Klimaeffekt: Pflanzen betreiben mit Sonneneinstrahlung Fotosynthese und geben Feuchtigkeit ab. Damit kühlen sie die Umgebung und das Haus selbst – und spenden gleichzeitig Schatten.
Im Vergleich zu einer nackten Hauswand, die Hitze aufnimmt und auf die Straße reflektiert, kann das einen deutlichen Temperaturunterschied bedeuten. Eine Simulation der Stadt Wien kommt zum Schluss, dass der gefühlte Unterschied an besonders heißen Sommertagen bei rund 14 Grad Celsius liegen kann (abhängig davon, wie viele Fassaden in der Umgebung tatsächlich begrünt sind).
Damit könnten Sie sich nächsten Sommer die aus Eiswasser und Ventilatoren improvisierte Klimaanlage sparen – und einiges an Stromkosten, falls Sie echte Klimaanlagen nutzen.
Eine begrünte Fassade mit 850 Quadratmetern Fläche kühlt nach Berechnung der Wiener Umweltabteilung MA 22 so gut wie 75 Klimaanlagen mit 3.000 Watt, die acht Stunden lang laufen.
Das Innovationslabor GRÜNSTATTGRAU berät umfassend zu Fassadenbegrünungen. Geschäftsführerin Vera Enzi: "Fassadenbegrünungen erbringen viele verschiedene Leistungen für die Stadt, das Gebäude und den Menschen. Strategisch eingesetzt verbessern sie das Mikroklima und schützen dabei das Gebäude vor der Überhitzung. Sie bringen nicht nur einen ästhetischen Mehrwert mit sich, sondern bieten auch wertvolle neue Lebensräume für Vögel und Insekten. Wir Menschen fühlen uns in einer begrünten Umgebung auch wohler, sind glücklicher und produktiver. Nebenbei tragen Begrünungen zu unserer Gesundheit bei indem Schall gedämpft und Stäube gebunden werden, die Hitzebelastung für unseren Organismus sinkt und Sauerstoff produziert wird."
Ein Zoo an den eigenen vier Wänden
Dauergrüne Rankpflanzen machen nicht nur im Hochsommer einen Unterschied: Im Winter können sie isolierend wirken und damit Heizkosten senken. Begrünte Fassaden verbessern außerdem die Luftqualität, denn Pflanzen filtern Staub und Schadstoffe. Auch Stadtlärm dämpfen die Pflanzen.
Das zusätzliche Grün bietet zudem Tieren Lebensraum. Damit tragen die bepflanzten Hauswände zur Biodiversität bei. Und keine Sorge: Ameisen werden durch die Rankpflanzen nicht angelockt, sehr wohl aber harmlose Wildbienen, von denen die Hälfte als gefährdet gilt.
2 Arten der Fassadenbegrünung
Es gibt zwei Arten grüner Fassaden, die erste ist bodengebunden: Dabei werden Pflanzen am Boden eingesetzt und wachsen selbständig die Wände hoch. Selbstklimmer schaffen das mit kaum oder keiner weiteren Hilfe; Ranken, Schlinger oder Spreizklimmer brauchen Kletterhilfen wie zum Beispiel Gitter.
Fassadengebundene Begrünungen sind, so GRÜNSTATTGRAU, in der Regel vorgehängt-hinterlüftete Komplettsysteme ohne Bodenkontakt, in denen eine Vielzahl von Gräsern, Kräutern und Blühstauden wachsen können. Auch das Anbringen von Trögen und Kletterpflanzen direkt in der Fassade ist möglich.
Noch kein Kassenschlager, trotz Anreizen
Im Jahr 2017 hielt die Stadt Wien 400 Beratungen zu Fassadenbegrünungen ab. Kostenlose Beratung gibt es, um grüne Fassaden zu unterstützen, auch in Graz. In einigen Gemeinden gibt es, wie etwa in Graz und Wien, auch finanzielle Unterstützung.
GRÜNSTATTGRAU verzeichnet in den letzten beiden Jahren dank vieler Pilotprojekte, Vorgaben und Förderungen einen starken Anstieg an Erstberatungen: "Viele Menschen gehen auch sehr innovativ an Begrünungen heran, es wird auch im privaten Bereich viel ausprobiert. Im Neubau können Projekte auch meist rasch und kostengünstig realisiert werden, wenn sie bereits früh in den Planungsprozess einfließen. Meistens wollen wir jedoch die Leistungen von Begrünungen im Bestand nutzen- denn hier ist der Leidensdruck, beispielsweise die Hitzebelastung am größten. Die Begrünung einer Bestandsfassade ist ein komplexerer technischer und rechtlicher Prozess, der etwas länger dauern kann und Know-How erfordert. Ist es aber dann soweit, ist meist die Freude und Wertschätzung besonders groß- dranbleiben lohnt sich also."
Wir Menschen mögen es bekanntermaßen einfach: Um Fassadenbegrünung noch attraktiver zu machen, hat das Projekt 50 Grüne Häuser eine Fixlösung geschnürt: Diverse Kletterpflanzen und Rankhilfen in einem fertigen “Toolkit”, das schnell platziert werden kann. GRÜNSTATTGRAU: "Einzigartig am Projekt ist der digitale Begleitprozess, von der Zustimmung bei Mehrparteienhäusern über die Verkehrsverhandlung bis hin zu Bescheid und Fördereintrag."
Vorteile der Fassadenbegrünung
- Hält die Wohnung im Sommer kühler und im Winter wärmer.
- Spart damit Heiz- und Kühlkosten.
- Verlängert die Lebensdauer der Gebäudehülle.
- Verbessert die Biodiversität durch Lebensraum für beispielsweise Wildbienen.
- Lässt die Stadt grüner aussehen.
- Sorgt für bessere Luft.
- Dämpft Straßenlärm.
Die grüne Fassade der UNIQA Landesdirektion Steiermark
Die UNIQA Landesdirektion Steiermark verwirklichte 2019 das bisher größte Fassadenbegrünungsprojekt im Bereich der Bestandsgebäude in Graz: Die Natursteinfassade des UNIQA Gebäudes wurde damit zu einem vertikalen Grün-Raum. An einem Netz ranken sich unter anderem wilder Wein, immergrünes Geißblatt und Pfeifenwinde. Auch 3 Bäume (ein Feldahorn, ein Eisenholzbaum und eine Blumenesche) finden Platz.
UNIQA setzt damit ein klares Zeichen für Nachhaltigkeit – und macht die Grazer Annenstraße ein Stück grüner.
Zum Innovationslabor GRÜNSTATTGRAU
GRÜNSTATTGRAU ist eine ganzheitliche Kompetenzstelle für Bauwerksbegrünung. Das Innovationslabor dient als Schnittstelle zwischen öffentlicher Hand, Wirtschaft und Forschung, teilt Best-Practices und setzt Impulse für den Einsatz vorhandener und neuer Technologien, Kompetenzen und Dienstleistungen. GRÜNSTATTGRAU hat unter anderem die Fassadenbegrünung der UNIQA Landesdirektion Steiermark begleitet.