Personalisierte Autos: Ein Gefährt, ganz allein für Sie
Keine Lust auf den Einheitsbrei im Straßenchaos? Technologie verspricht Abhilfe. Vielleicht rollt Ihr nächstes Auto völlig individualisiert aus dem 3D-Drucker.
Ihr extravaganter Kleidungsstil formt Modekataloge, Ihre ungewöhnliche Frisur schreit “individualité” und Ihre Haustiere sind derart exotisch, dass Ihnen irritierte Biologen auf Schritt und Tritt folgen?
Nur beim Einsteigen ins Auto zerfällt die sorgsam aufgebaute Fassade. Denn Ihr dunkelblaues Standardgefährt lockt keinen Hund hinterm Ofen hervor. Da hilft auch nicht der Emu auf Ihrem Rücksitz.
Doch keine Sorge. Fahrzeugpersonalisierung war teuer und schwierig, wird dank neuer Technologie aber immer simpler. Bald spiegelt Ihr Fortbewegungsmobil Ihren ausschweifenden Charakter wieder.
3D-Druck: Längst keine Magie mehr
Möglich macht es zum großen Teil der 3D-Druck. Die Technologie ist inzwischen gar nicht mehr so neu und findet in zahlreichen Industrien Anwendung. Manch Hobbybastler hat gar einen eigenen kleinen 3D-Drucker in der Garage stehen.
3D-Druck bringt einige Vorteile gegenüber klassischer Produktion. Er ist schnell, in der Regel sehr kostengünstig und flexibel. Wenn komplexe Fertigungsprozesse und teure Maschinen damit ersetzt werden können, kommt das den Unternehmen nur recht.
Bei einem 3D-Drucker wird Schicht für Schicht ein Material aufgetragen, bis ein dreidimensionaler Gegenstand geschaffen worden ist. Es gibt vier verschiedene Verfahren, die sich in den Details unterscheiden.
Das Auto aus dem 3D-Drucker
Wenn Sie an Autoindustrie und 3D-Druck denken, haben Sie vermutlich vollwertige Fahrzeuge, die aus einem überdimensionierten Drucker rollen, im Kopf. Dafür gibt es inzwischen auch durchaus Beispiele:
Das Strati war 2014 das erste elektrische Auto der Welt, das in großem Maße auf 3D-gedruckten Teilen basierte. Das Fahrzeug wurde in nur 44 Stunden gedruckt.
Das Strati besteht nur aus 50 Einzelteilen – ein herkömmliches Fahrzeug besitzt rund 30.000 Teile.
Weitere Beispiele sind das “Superauto” Blade, das von Jets inspiriert wurde, und das an einen Smart erinnernde LSEV, das Ende 2019 sogar regulär auf den Markt kommen soll.
Doch in aller Regel geht es nicht um ganze Autos, die aus dem Drucker kommen (stellen Sie sich nur mal einen Papierstau in so einer Situation vor), sondern die Bestandteile Ihres Fahrzeugs.
Autoteile auf Wunsch
Was hat das mit der Individualisierung Ihres Wunschautos zu tun? Simpel: Die Kostenersparnis und Flexibilität eines 3D-Druckers – Sie müssen nur den Bauplan, mit dem Sie die Software füttern, anpassen – erlaubt es, ganz gezielte Komponenten herzustellen.
Sie möchten eine lilane Fahrertür, die aussieht wie ein Schwanenflügel? Kein Problem. Der britische Autohersteller Mini bietet über die Partnerfirma Twikit genau so eine Art von Personalisierung, ganz simpel per Computer oder Smartphone. Und keine Sorge, wir verurteilen Sie nicht für Ihren Geschmack.
Im Grunde spricht auch nichts dagegen, dass Sie Komponenten für Ihr Wunschauto ganz selbständig drucken und einbauen, statt das dem Hersteller oder Verkäufer zu überlassen. Vorausgesetzt, natürlich, dass Sie sich ausreichend mit 3D-Druckern und Automechanik auskennen.
3D-Druck ermöglicht komplett neue Komponenten, die ansonsten zu teuer wären. Bugatti druckte 2018 beispielsweise einen Bremssattel aus hochwertigem Titanium.
Den Oldtimer zum Leben erwecken
Sie haben Lust auf ein wenig Retro? Auch hier hilft der 3D-Druck. Denn Ersatzteile für Klassiker sind oft schwierig aufzutreiben oder teuer herzustellen.
Die Kosten eines Produkts fallen stark, wenn viel davon hergestellt wird. Das nennt sich Skaleneffekt. Ersatzteile für Oldtimer können den nicht nutzen, weswegen sie fast immer teurer sind.
Indem 3D-Druck die Kosten für Spezialwünsche deutlich senkt, dürfen Sie sich vielleicht bald wieder auf das Auto Ihres Großvaters freuen.
Das haben australische Ingenieure bewiesen, als sie ein 103-Jahre altes Fahrzeug mittels 3D-Drucker und hochmoderner Scanning-Technologie wieder zum Leben erweckten: Ein 1914er Delage Typ-S Grand Prix Auto, dessen Motor ausgefallen war.
Und warum nicht gleich einen Hybrid aus Gestern und Morgen erschaffen? Volkswagen verpasste seinem Minibus (“Bulli”) aus dem Jahr 1962 per 3D-Druck einen kraftvollen Elektromotor, Aluminium-Gussräder und andere moderne Elemente.
Ob Sie auch die Kutsche Ihres Großgroßvaters wieder straßentauglich kriegen, können wir allerdings nicht hundertprozentig versprechen.